Die am 9. Oktober 1809 im Rathaus von Burgdorf gegründete «Medicinisch-chirurgische Gesellschaft des Cantons Bern» ist nach Zürich und Schaffhausen die drittälteste Kantonalgesellschaft der Ärzteschaft und wurde 1911 in «Aerztegesellschaft des Kantons Bern» umbenannt. Stand zur Gründungszeit der gelehrt-gesellige Austausch im Vordergrund, wandelte sich die Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer klar organisierten Vertretung ärztlicher Standesinteressen.
Neben der Beschäftigung mit innerfachlichen Themen war die Gesellschaft stets auch mit den Fragen der Tagespolitik und Problemen der Öffentlichkeit befasst. Hauptberuflich als Ärzte praktizierend, waren die Mitglieder auch Dozenten und Forscher an der Hochschule, Mitglieder von Behörden und für wissenschaftliche, soziale und kulturelle Anliegen engagiert. Legate erlaubten die Ausschreibung von Preisfragen. Auf diese Weise entstanden Arbeiten über Tuberkulose, Alkoholismus, die Pockenimpfung, die Bekämpfung der Kurpfuscherei und die Neugestaltung des Medizinalwesens; Themen, die auch in den Versammlungen der Gesellschaft diskutiert wurden. So widmete sich die 1837 von der Gesellschaft gekrönte Preisschrift von Samuel Lehmann (1806-1896) der Bekämpfung der damals grassierenden Branntweinpest.
Die Bibliothek der medicinisch-chirurgischen Gesellschaft wurde 1887 der Hochschulbibliothek übergeben und befindet sich heute im Bestand der Universitätsbibliothek Bern (Signatur BeM ZB Med). Die digitalisierten Verzeichnisse erlauben einen Einblick in den medizinischen Wissensstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Bildnachweis: Centenarfeier der med. chirurg. Gesellschaft des Kanton Bern, Burgdorf 11. Dezember 1909.
Fotograf: Louis Bechstein. Archiv für Medizingeschichte der Universität Bern (F000013_5).